Her mit einem grünen Stromtarif an der Universität!

Alle 2 Jahre wird der Strom an Universitäten in NRW neu ausgeschrieben. Die Thematik ist damit an schätzungsweise der Hälfte der Hochschulen aktuell relevant. Aufgrund des Verwaltungsaufwandes beteiligen sich ca. 30 Hochschulen gebündelt an der von der Universität Münster koordinierten Ausschreibung, die den Strombezug der Jahre 2022 & 2023 betrifft. Grünstrom ist in dieser Ausschreibung als Standard gesetzt [47]. Die Bergische Universität Wuppertal hat sich jedoch explizit, wie auch in den Vorjahren, für Graustrom entschieden. Da der Ausschreibungstext etwa Mitte Mai vervollständigt und anschließend veröffentlicht wird, drängt nun die Zeit. Trotz mehrwöchiger Recherche konnten wir keinen widerspruchsfreien Überblick über den Ausschreibungsprozess erhalten. Dennoch erscheint es uns wahrscheinlich, dass es durch entschiedenes Agieren der Hochschulleitung noch zu beeinflussen ist, ob die „grüne“ Universität weiterhin insb. Kohle-, Gas- & Atomstrom beziehen möchte oder ihrem Logo entsprechend auf 100% Grünstrom mit Gütesiegel wechselt. Eine solche Umentscheidung auf Grünstrom wäre nicht nur im Einklang mit dem Willen der Studierendenschaft (StuPa & AStA), sondern auch mit den Bestrebungen der Students for Future Wuppertal, der Green Office Initiative Wuppertal und des Senats der Uni Wuppertal, die sich in der Vergangenheit bereits alle für Strom aus erneuerbaren Energien und einen Kohleausstieg ausgesprochen haben.

Des Weiteren ist ein Umstieg auf Grünstrom ein notwendiger Schritt in Richtung einer klimaneutralen Universität. Klimaneutralität bis 2030 ist seit dem 2015 verabschiedeten Klimaschutzgesetz NRW § 7 das Ziel für die gesamte Landesverwaltung [46], inklusive der Hochschulen [46; 48]. Da in den letzten 6 Jahren – auch bedingt durch die nicht vorhandenen Stellen im Bereich Nachhaltigkeit an der BUW [49; 50] – unseres Wissens nach kein Plan aufgestellt oder Maßnahmen getroffen wurden, um das Ziel der Landesregierung erreichen zu können, bleiben nur noch 8,5 Jahre Zeit, um die Treibhausgas-Emissionen auf 0 zu reduzieren. Der Bezug von Graustrom stellt hierbei mit 4.500 Tonnen CO2 im Jahr 2019 [51] und einem für die kommenden 2 Jahre zu erwartenden Ausstoß von über 20.000 Tonnen CO2 [52] den vermutlich größten Einzelfaktor dar. Die damit einhergehenden Umweltkosten betrugen 2019 mindestens 887.000€ und werden sich beim Wechsel des Stromanbieters aufgrund eines anderen Strommixes wahrscheinlich auf mehrere Millionen Euro pro Jahr vervielfachen (s. Regenerativ?). Gleichzeitig stellt der Umstieg auf Ökostrom die vermutlich am einfachsten zu bewältigende und mit ca. 20.000 € kostengünstigste Einzelmaßnahme auf dem Weg zu einer nachhaltigen Universität dar. Zugleich ist in Anbetracht des bereits erfolgten Wechsels vieler Hochschulen auf Ökostrom [53; s. z.B. 47, 54 & 55] ein großer Reputationsschaden für die BUW zu befürchten. Dieses Imageproblem wird zudem dadurch verstärkt, dass die meisten umliegenden Hochschulen längst eine Nachhaltigkeitsabteilung eingerichtet haben [53], um ihren gesellschaftlichen Beitrag zum Pariser Klimaabkommen zu leisten.

Das Nachhaltigkeitsreferat des AStA sieht insgesamt großen Nachholbedarf beim Thema Nachhaltigkeit und Klimaneutralität an der BUW und hofft auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Hochschulleitung.

Wie sehen die jeweiligen Akteure die Lage? Wie liegen die Argumente?:

Was fordert die Studierendenschaft?

Die Studierendenschaft, vertreten durch insbesondere das Nachhaltigkeitsreferat, den AStA und das Studierendenparlament sowie mit Unterstützung der Initiative Students for Future Wuppertal sowie der Green Office-Initiative, setzt sich dafür ein, dass an der Bergischen Universität Wuppertal nur noch Strom aus erneuerbaren Energien bezogen wird. Das bedeutet, dass bei der anstehenden Ausschreibung sowie bei allen zukünftigen Ausschreibungen darauf hingewirkt werden soll, einen Stromtarif zu suchen, der:

1.) 100 % erneuerbaren Strom mit entsprechendem, hochwertigen Gütesiegel bietet,

2.) mit einem Teil der Einnahmen den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreibt (Investitionsgarantie),

3.) eine Form des CO2-Ausgleichs bietet, um den CO2-Ausstoß beim Bau, Betrieb und/oder Recycling einer Anlage auszugleichen,

4.) nicht von einem Stromanbieter stammt, der zudem einen Graustromtarif anbietet oder Tochterunternehmen eines Konzerns ist, welcher einen Graustromtarif anbietet.

Darüber hinaus soll darauf hingewirkt werden, dass fortan konsequent das Potenzial für den Zubau von eigenen regenerativen Kraftwerken ermittelt und genutzt wird. 

Was fordert der Senat?

Den Wunsch nach einer Umstellung auf Ökostrom teilt auch der Senat der BUW, der einstimmig in der Sitzung vom 30.10.2019 beschloss [56], „einen schnellen Umstieg auf erneuerbare Energien sowie den Kohleausstieg“ zu unterstützen sowie zu empfehlen, „bei allen künftigen Entscheidungen die Verminderung von Treibhausgasemissionen zu berücksichtigen. Dies betrifft insbesondere die Bereiche Mobilität, Ernährung, Bauen, Energie, Divestment, Einkauf und Forschung.“ (Hervorhebung von uns)

Warum ist es so wichtig, dass die BUW zu 100% regenerativen Strom bezieht?

Der Strommix üblicher Stromanbieter besteht zu einem signifikanten Anteil aus Kohle-, Atom- und Gas-Strom [1]. Dies betrifft auch die bisherigen Stromanbieter der BUW, aktuell die REWAG (2020–2021), zuvor u.a. die Stadtwerke München (2017–2019). Allein aus dem damit einhergehenden, direkten CO2-Ausstoß (also ohne CO2-Ausstoß beim Bau & Recycling der Anlagen sowie ohne die dauerhaften Kosten von Atommüll) entstehen enorme Kosten:

Das Umweltbundesamt rechnet u.a. durch Ernteausfälle sowie Reparaturen nach Unwetterereignissen mit Umweltschäden von 195 € pro ausgestoßener Tonne CO2 [2]. Die Stadtwerke München geben ihren CO2-Ausstoß für Geschäftskunden-Strom mit 147 g/kWh an [3]. Bei 23 GWh Stromverbrauch unserer Uni führte dies allein im Jahr 2019 zu Umweltschäden in Höhe von ca. 887.000 €, die die BUW der Allgemeinheit auferlegt hat [5]. Bedenkt man nun, dass der durchschnittliche CO2-Ausstoß pro kWh in Deutschland um ca. den Faktor 2,15 größer war [7], kann davon ausgegangen werden, dass sich die Umweltkosten durch den kommenden Wechsel des Stromanbieters auf 1,92 Mio. € pro Jahr mehr als verdoppeln können. Da den Zuschlag jedoch der günstigste Stromanbieter bekommt, könnte dies auch ein Anbieter sein, der größtenteils Kohlestrom anbietet. Dadurch können die Kosten auf über 3 Mio. € pro Jahr ansteigen [9]. Diese Umweltkosten beziehen sich (aufgrund vorhandener Daten [3]) zwar alle auf 2019 und sinken mit der Zeit langsam durch den Ausbau erneuerbarer Energien, dennoch wird mehr als deutlich, dass die BUW der Allgemeinheit durch die Wahl von Graustrom Jahr für Jahr enorme Kosten auferlegt. Zudem fallen diese laut einer E-Mail-Korrespondenz mit dem Umweltbundesamt „zu einem beträchtlichen Teil im globalen Süden an“ [11]. Der CO2-Ausstoß pro Kopf ist in Deutschland bspw. um den Faktor 29 größer als in Kenia und sogar um den Faktor 94 größer als in Niger [12]. Der Klimawandel ist ungerecht und beeinträchtigt überproportional diejenigen, die ihn am wenigsten verursachen.

Erneut soll darauf hingewiesen werden, dass Kosten des indirekten CO2-Ausstoßes von Strom aus fossilen Energien sowie die langfristigen Kosten von Atommüll vernachlässigt wurden. Des Weiteren entstehen gesundheitsbezogene Kosten durch den Klimawandel, die sich laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ab 2030 auf 2–4 Mrd. $ pro Jahr belaufen, indirekte gesundheitsbezogene Kosten noch nicht mit eingerechnet [13]. Außerdem ist aufgrund des Klimawandels laut WHO ab 2030 mit mehr als 250.000 Toten pro Jahr zu rechnen (allein durch 4 ausgewählte Gründe, u.a.  extreme Hitze und Unterernährung) [13].

Kostet Ökostrom mehr als Graustrom?

Die Kosten für den Umstieg von Graustrom auf regenerativen Strom sind minimal (sofern überhaupt vorhanden): Laut Schätzungen seitens der WSW betragen diese etwa 1–2% der bisherigen Stromkosten. Eine Recherche von Blickfeld hat sogar ausschließlich niedrigere Werte gefunden: Der Umstieg auf regenerativen Strom mit TÜV NORD Zertifikat hat bei der Uni Düsseldorf zu einem Kostenanstieg von unter 0,5% geführt [14]; die Zusatzkosten für Ökostrom lagen bei der Uni Bonn bei etwa 0,5% (vgl. [14]). Übereinstimmend damit fand eine Nachfrage des AStA der Hochschule Rhein-Waal Mehrkosten von 1€ pro MWh heraus, umgerechnet sind dies ebenfalls 0,5%. Zusatzkosten von ca. 0,5% entsprächen bei der BUW ca. 20.000€. Diese sind finanziell problemlos zu stemmen und stehen in keinem Verhältnis zu den entstehenden Umweltkosten, gesundheitsbezogenen Kosten sowie Toten. Maßnahmen, die den hohen Stromverbrauch der BUW um nur 0,5% senken würden, würden diese Zusatzkosten bereits vollständig decken. Daher bestehen keine Gründe gegen einen Umstieg auf Strom aus regenerativen Energien.

Das HSW geht bereits seit 2012 mit gutem Beispiel voran und bezieht regenerativen Strom der WSW, der seit diesem Jahr mit dem TÜV-geprüften Gütesiegel „RenewablePLUS“ zertifiziert ist [14–15]. Dieses bietet eine Investitionsgarantie für den Ausbau erneuerbarer Energien [15]. Darüber hinaus werden sogar die anfallenden CO2-Emissionen beim Bau & Betrieb der Kraftwerke durch Emissionsminderungszertifikate ausgeglichen, sodass dieses Ökostromangebot nicht nur auf dem Papier, sondern auch faktisch klimaneutral ist [15]. Die BUW sollte diesem herausragenden Beispiel folgen und gleichwertigen Strom aus regenerativen Energien mit entsprechendem Gütesiegel beziehen.

Ist die BUW durch Wirtschaftlichkeitsvorgaben gezwungen, Graustrom zu wählen?

Aus rechtlicher Sicht müssen Universitäten im Rahmen einer Stromausschreibung den Aspekt der Wirtschaftlichkeit zweifelsohne berücksichtigen. Dennoch liegt es in der Entscheidungsgewalt der Hochschulleitung, auch Aspekte der Nachhaltigkeit zu beachten: Die Wirtschaftlichkeit muss nicht das alleinige Merkmal bei der Wahl des Stromtarifs sein, wenn im Vorhinein Nachhaltigkeit als Entscheidungskriterium im Vergabeprozess festgelegt wurde [47]. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass es in der aktuellen Stromausschreibung möglich ist, sich zwischen Grau- und Ökostrom zu entscheiden. Des Weiteren wird im Klimaschutzgesetz NRW § 7 [46] explizit auf „die Notwendigkeit […] zur Deckung des Energiebedarfs durch regenerative Energiequellen” verwiesen. Der Wechsel auf Ökostrom ist rechtlich somit nicht nur möglich, sondern in Anbetracht der niedrigen Zusatzkosten von 0,5% auch unbedenklich, wie der Wechsel mehrerer Universitäten auf Ökostrom zeigt (s. Kostet Ökostrom mehr als Graustrom?). Bereits zum Schutz vor großen Imageverlusten sollten die Zusatzkosten aus wirtschaftlicher Sicht zu rechtfertigen sein. Die vielfältigen Vorteile von Ökostrom rechtfertigen aus unserer Sicht somit die zusätzlichen Kosten in der Größenordnung von ca. 20.000€.

Ist eine Investitionsgarantie notwendig?

Eine Investitionsgarantie ist notwendig, damit sichergestellt werden kann, dass der Bezug von regenerativem Strom auch gleichzeitig dazu führt, dass sich die Menge erneuerbarer Energien im gleichen Maße erhöht, sodass die Menge an Kohlestrom im Stromnetz maximal verringert wird. Da in Deutschland verkaufter Ökostrom oftmals aus Norwegen oder Österreich stammt und dort „in aller Regel ohnehin produziert [wird]“ [16], findet bei Ökostrom ohne Investitionsgarantie lediglich ein Verschieben der Herkunftsnachweise statt, ohne dass sich die Menge an grünem bzw. grauem Strom im Netz ändert, so die Verbraucherzentrale Bremen [16]. Ähnlich äußert sich auch Greenpeace [vgl. 45]. Zusammenfassend ist daher ein entsprechendes Label notwendig, um einen Beitrag zur Energiewende zu garantieren [6, S. 35; 16; 25; vgl. 45].

Diesen Ausbau erneuerbarer Energien könnte die BUW zudem fördern, indem eigene Solar- & Windkraftanlagen gebaut werden, wodurch zudem langfristig die Energiekosten gesenkt würden. Die Photovoltaikanlage auf dem Freudenberg erzeugt bisher ~100 MWh pro Jahr [17], was lediglich 0,5% des Stromverbrauchs der Uni deckt.

Warum ist ein Ökostromangebot nicht automatisch CO2-neutral?

Während beim Betrieb einer Photovoltaik-Anlage keinerlei CO2-Emissionen anfallen, ist dies bei Herstellung, Aufbau und Recycling nicht der Fall [37; 38, S. 48]. Insbesondere die energieintensive Herstellung benötigt viel Strom und emittiert damit CO2 – vor allem wenn sie in Ländern wie China mit einem besonders hohen prozentualen Anteil an Kohlestrom stattfindet [37–40]. Durchschnittlich ergibt sich für Photovoltaik-Anlagen ein Ausstoß von ca. 50 g/kWh [38, S. 48]. Ähnliches gilt für andere Arten regenerativer Energie, wenngleich der CO2-Ausstoß zum Teil geringer ist [38, S. 48].

Strom aus regenerativen Quellen ist dennoch deutlich besser als Strom aus fossilen Energien, nämlich um einen Faktor von grob 40 (teilweise bis zu 200) bezogen auf die CO2-Emissionen [38, S. 48]. Regenerativer Strom ist also extrem wichtig, er ist allerdings eben nicht (komplett) CO2-neutral. Da Klimaneutralität Sinn und Ziel des Bezugs von regenerativem Strom ist, ist es folglich nur konsequent, zwangsweise entstehende Emissionen auszugleichen. Dies geschieht durch Klimaschutzprojekte, die z.B. durch Aufforstungsprojekte CO2 binden oder durch Effizienzsteigerungen CO2-Emissionen einsparen.

Damit der CO2-Ausgleich eines Stromtarifs garantiert werden kann, ist ein entsprechendes Gütesiegel notwendig. Z.B. das Label RenewablePLUS versichert, dass Emissionen beim Bau und Betrieb der Anlagen kompensiert werden. Dies geschieht über den Erwerb von Emissionsminderungszertifikaten durch den Stromanbieter. Diese Zertifikate stellen sicher, dass in entsprechende nachhaltige und anerkannte Klimaschutzprojekte investiert wird [41].

Statt auf Strom mit einem entsprechenden Gütesiegel zu setzen, könnte die BUW alternativ ihre Emissionen (u.a.) im Bereich Strom selbstständig kompensieren, indem entsprechende Kooperationspartner gesucht werden [s. z.B. 42].

Warum ist es wichtig, dass der neue Stromanbieter keine Graustromtarife anbietet oder Tochterunternehmen eines Konzerns ist, welcher Graustromtarife anbietet?

In Deutschland produzieren die fünf großen Kohle- & Atomkonzerne RWE, LEAG, EnBW, Vattenfall und E.ON/Uniper inkl. ihrer Tochterunternehmen (vgl.  18; vgl. 19, S. 47; 30) etwa 75% des gesamten Strom, wobei RWE den „mit weitem Abstand“ [19, S. 45] größten Marktanteil besitzt. Jeder einzelne dieser Konzerne produziert eine große Menge Strom aus fossilen Energien (und in vier Fällen auch Atomstrom) [20–24]. Zusammen produzieren sie den größten Teil des mit konventionellen Energieträgern (Kohle, Atom, Gas) hergestellten Stroms im deutschen Strommix [19, S. 11]. Da viele Ökostrom-Anbieter in eigentumsrechtlichen Verbindungen (Tochterunternehmen) mit diesen fünf Konzernen stehen [25], unterstützt der Bezug von Strom bei einem solchen Ökostrom-Anbieter auch die fünf großen Konzerne, die mit diesem Geld Lobbyarbeit gegen die Energiewende [26–27], gegen die Förderung erneuerbarer Energien [28, S. 16] sowie für die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken [28, S. 16; 32] betreiben. Durch diese Lobbyarbeit wird die Energiewende behindert [vgl. 32–35]. Auch durch Rechtsklagen behindern die großen Stromkonzerne den Kohleausstieg, aktuell mit einer Milliarden-Klage von RWE [31] und einer weiteren Milliarden-Klage von Uniper [44] gegen die Niederlande aufgrund entgangener Gewinne im Rahmen des Kohleausstiegs.

Gleichzeitig eröffnet beispielsweise Uniper ein neues Kohlekraftwerk (Datteln 4) [36].

Auf der anderen Seite unterstützt der Bezug von Strom aus regenerativen Energien bei einem unabhängigen Anbieter, der ausschließlich Ökostromtarife anbietet und sich politisch wie auch finanziell für den Ausbau erneuerbarer Energien einsetzt, sogar aktiv die Energiewende und die Umsetzung der Pariser Klimaziele. Deren Unabhängigkeit von den großen Kohle- & Atomkonzernen sowie deren Engagement für die Energiewende wird z.B. durch die Label „ok-power“ oder „Grüner Strom“ sichergestellt [25].

Einen Stromanbieter zu wählen, der keine Graustrom-Tarife anbietet, ist noch aus einem weiteren Grund relevant, der den gesamten Klimanutzen des Bezugs eines Ökostromtarifs zunichtemachen kann! So informiert Greenpeace: „Wer grünen Strom aus Wind- und Wasserkraft von einem Anbieter kauft, der auch anderen Strom anbietet, ändert gar nichts. Denn der Strommix im Netz bleibt derselbe. Was das Elektroauto an grünem Strom tankt, fehlt anderswo – also lediglich ein buchhalterischer Verschiebebahnhof, aber kein grüner Strom.“ [45] Wechselt man also bei einem solchen Stromanbieter von einem Graustrom- auf einen Ökostromtarif, wird der eigene Strom grüner, der Strom der anderen Kunden jedoch grauer. Hierbei würde unseres Erachtens nach zwar eine Investitionsgarantie Abhilfe schaffen, dies löst jedoch nicht das zuvor genannte, gravierende Lobbyismus-Problem solcher Graustrom-Anbieter.

Ist ein Gütesiegel zwingend notwendig?

Zwar ist ein Label kein zwingend notwendiger Garant für herausragenden, regenerativen Strom, da in manchen Fällen bereits ein Anbieter aus Kostengründen auf ein Siegel verzichtet hat [29], dennoch können bei der Stromausschreibung nur so die erwähnten Gütekriterien (wie Investitionsgarantie, CO2-Neutralität, Unabhängigkeit von Kohlekonzernen, Unterstützung der Energiewende) sichergestellt werden. Ein Verzicht auf ein Label kann damit bei der privaten Suche nach einem Stromanbieter im Einzelfall sinnvoll sein, allerdings macht dies eine manuellen Betrachtung vielfältiger Faktoren bezüglich Stromerzeugung, Stromerzeuger und Unternehmensstruktur zwingend notwendig. Dies ist fehleranfällig, sehr aufwändig und vermutlich zudem schlecht bis gar nicht mit dem Konzept einer Strom-Ausschreibung zu vereinbaren. Des Weiteren dürften die möglichen Einsparungen durch den Verzicht auf ein Label marginal sein (sofern überhaupt vorhanden). Von einem Verzicht auf ein Label wird daher dringend abgeraten.

Für die bevorstehende Stromausschreibung erscheint es daher aus unserer Sicht sinnvoll, in der Ausschreibung akzeptable Label vorzugeben und alternative Angebote im Einzelfall nur zuzulassen, sofern diese durch ein absolut gleichwertiges Label oder auf andere Weise zweifelsfrei nachweisen können, dass die erwähnten Kriterien (s.o.) (die in dem Fall in der Ausschreibung explizit zu erwähnen sind) erfüllt sind.

Wir brauchen Grünstrom jetzt!

Da der neue Stromvertrag für mehrere Jahre gelten wird, wird die Wahl des Stromvertrages darüber entscheiden, ob unsere Uni der globalen Gesellschaft mehrere Millionen Euro an Umweltkosten sowie an gesundheitsbezogenen Kosten auferlegt oder nicht. Wir sehen es daher als moralisch notwendig an, dass die BUW ihrer Verantwortung nachkommt und sich für 100% regenerativen Strom entscheidet. Dennoch unterscheidet sich die „Qualität“ verschiedener Ökostromangebote signifikant, sodass auf die Wahl eines entsprechenden, aussagekräftigen Labels (z.B. RenewablePLUS, ok-power oder Grüner Strom) geachtet werden muss, u.a. um die Energiewende zu fördern.

Diese Forderung teilt auch der Senat der BUW, der einstimmig in der Sitzung vom 30.10.2019 beschloss, „einen schnellen Umstieg auf erneuerbare Energien sowie den Kohleausstieg“ zu unterstützen sowie zu empfehlen, „bei allen künftigen Entscheidungen die Verminderung von Treibhausgasemissionen zu berücksichtigen. Dies betrifft insbesondere die Bereiche Mobilität, Ernährung, Bauen, Energie, Divestment, Einkauf und Forschung.“ (Hervorhebung von uns)

Damit leistet die BUW zudem einen notwendigen, ersten Beitrag zum durch die Bundesregierung mitbeschlossenen Ziel, den Anstieg der globalen Durchschnitts-temperatur möglichst auf 1,5°, mindestens jedoch auf deutlich unter 2 °C zu begrenzen (Pariser Klimaschutzabkommen [43]). Diesem 1,5°-Ziel schloss sich auch der Senat in obiger Sitzung an.

Des Weiteren ist ein Umstieg auf Ökostrom konform mit dem „für […] Hochschulen verbindliche[n] Konzept“ [46] der Landesregierung, die Landesverwaltung bis 2030 komplett klimaneutral zu gestalten (Klimaschutzgesetz NRW § 7 [46]). Dieses umfasst „insbesondere die Notwendigkeit […] zur Energieeinsparung sowie zur Deckung des Energiebedarfs durch regenerative Energiequellen“ [46].

Quellen

[1] https://www.swm.de/dam/doc/strom/stromkennzeichnung.pdf0

[2] www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/konsequenter-umweltschutz-spart-der-gesellschaft

[3] Da die Stromkennzeichnung [1] erst im November des Folgejahres veröffentlicht werden muss [4], beziehen wir uns auf die aktuellsten Zahlen von 2019 und damit auf die Stadtwerke München.

[4] https://www.gesetze-im-internet.de/enwg_2005/__42.html

[5] Zur Berechnung der Werte wird die Stromkennzeichnung [3] zugrunde gelegt. Anschließend wird berücksichtigt, dass die Stromkennzeichnung nur Aussagen über den CO2-Ausstoß trifft und andere Treibhausgase sowie Umwandlungsverluste entlang der Energiebereitstellungskette vernachlässigt [6, S. 30 & 32; vgl. auch 4]. Dementsprechend wird eine Korrektur gemäß [6, S. 32f. für angenommene Niederspannung] vorgenommen.

Da [6] aus 2014 stammt, ist eine Veraltung der Korrekturwerte nicht auszuschließen. Um zu versuchen, diese zu berichtigen, könnte man der Korrekturwert um den Faktor verringern, um den sich die CO2-Emissionen des deutschen Strommixes verringert haben. Da die Zahlen bezogen auf den deutschen Strommix aus [1] unter Einbezug des Korrekturwertes mit 352 + 50,83 g/kWh jedoch mit dem vom Umweltbundesamt geschätzten Wert für den deutschen Strommix 2019 (exkl. Ex-/Import) [8] von 401 g/kWh übereinstimmen, wird hierauf verzichtet und davon ausgegangen, dass der Korrekturwert nur eine geringe Korrelation mit den CO2-Emissionen des deutschen Strommixes aufweist.

Für die Stadtwerke München ergibt sich daher mit diesem Korrektur-Emissionswert von 50,83 g/kWh:

23 GWh/y * (147 + 50,83) g/kWh * 195 €/t = 887.000 €/y

[6] https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/G/energieverbrauch-treibhausgasemission-oepnv.pdf?__blob=publicationFile

[7] Verwendet wird der CO2-Ausstoß von 427 g/kWh aus [8] bezogen auf den Inlandsverbrauch (also inkl. Ex-/Import; der verwendete Wert ist ein Schätzwert; aktuellere Daten wurden vom UBA bisher nicht veröffentlicht). Dabei wird davon ausgegangen, dass dieser Wert bereits den Korrektur-Emissionswert von 64,49 g/kWh beinhaltet (die 64,49 wurden berechnet nach [6] mit dem deutschen Strommix [1] sowie den Werten für Niederspannung [6] (da nicht bekannt ist, zu welchen Teilen der Strom der Mittel- & Niederspannungsebene entnommen wird; der dabei gemachte Fehler ist gering)). Verglichen werden folglich 427 g/kWh mit 147 + 50,83 kWh, wodurch sich ein Faktor von 2,15 ergibt.

[8] https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/energieversorgung/strom-waermeversorgung-in-zahlen?sprungmarke=Strommix

[9] Ein altes Braunkohlekraftwerk mit niedrigem Wirkungsgrad emittiert 1200 g/kWh [10;  vgl. auch [6], S. 31] (da nicht bekannt ist, ob hier der Korrekturwert aus [6] bereits einbezogen ist, wurde dieser nicht hinzuaddiert). Gleichzeitig betrug der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch 2019 42,1% [https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2020-04-03_hgp-ee-in-zahlen_bf.pdf], sodass die 1200 g/kWh mit einem Faktor von 0,579 gewichtet werden. Jedoch ist auch ein noch größerer prozentualer Anteil an Kohlestrom denkbar, auch wenn uns keinerlei Informationen hinsichtlich des minimalen Anteils erneuerbarer Energien (finanziert aus der EEG-Umlage) am Strommix für Geschäftskunden vorliegen. Daher ist unklar, ob dieser Anteil auf 100% ansteigen könnte, was einem Maximalwert der Umweltkosten von 5,38 Millionen € (ohne Umweltkosten durch den Bau, Wartung/Reparatur & Recycling der Stromanlagen) entspräche.

[10] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/171207_uba_hg_braunsteinkohle_bf.pdf

[11] E-Mail-Korrespondenz vom 10.08.2020 von Students For Future Wuppertal mit Dr. Björn Bünger vom UBA

[12] https://www.worldometers.info/co2-emissions/co2-emissions-per-capita/

[13] https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/climate-change-and-health

[14] https://www.blickfeld-wuppertal.de/nrw/energie-strom-versorgung-bergische-universitaet-mit-kohle-und-atom-strom

[15] https://bd-energy.com/oekostrom/renewableplus/

[16] https://www.verbraucherzentrale-bremen.de/wissen/energie/preise-tarife-anbieterwechsel/ist-ein-tarif-mit-oekostrom-und-oekogas-ueberhaupt-sinnvoll-8207

[17] https://ema.uni-wuppertal.de/de/photovoltaikanlage/ertragsgraphen.php

[18] https://de.wikipedia.org/wiki/Tochtergesellschaft

[19] https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Mediathek/Berichte/2019/Monitoringbericht_Energie2019.pdf?__blob=publicationFile&v=6

[20] https://www.rwe.com/-/media/RWE/documents/01-der-konzern/supply-and-trading/stromkennzeichnung-lieferjahr-2019.pdf

[21] https://www.leag.de/de/geschaeftsfelder/

[22] https://www.enbw.com/strom/enbw-strommix

[23] https://wärme.vattenfall.de/binaries/content/assets/waermehaus/downloads_energy_solutions/200902_va_onepager_stromkennzeichnung2020_neu.pdf

[24] https://direkt.uniper.energy/app/uploads/Uniper_Stromkennzeichnung_Endverbraucher_2019_2020.pdf

[25] https://utopia.de/ratgeber/oekostrom-tarife-vergleich/

[26] https://www.leag.de/de/seitenblickblog/artikel/energiewende-und-braunkohle-kein-widerspruch/

[27] https://www.leag.de/de/seitenblickblog/artikel/sichere-stromversorgung-statt-endlose-debatte/

[28] https://www.reiner-lemoine-stiftung.de/pdf/dissertationen/Dissertation-Gregor_Kungl.pdf

[29] https://utopia.de/fragen/oekostrom-label-siegel-vergleich/

[30] https://strom-report.de/stromanbieter-vetriebs-marken/

[31] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/klima-energie-und-umwelt/rwe-verklagt-niederlande-wegen-kohleausstieg-17183340.html

[32] https://www.heise.de/tp/news/Kohlevertrag-Groko-verhoehnt-die-Jugend-5024350.html

[33] https://www.volker-quaschning.de/artikel/2013-06-Gegner-der-Energiewende/index.php

[34] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/breite-kritik-an-energiewende-kurs-spd-vize-kraft-behindert-atomausstieg/8995646-all.html

[35] https://www.energiezukunft.eu/wirtschaft/rwe-weitet-einfluss-auf-tagebau-kommunen-aus/

[36] https://de.wikipedia.org/wiki/Datteln_4

[37] https://www.ise.fraunhofer.de/content/dam/ise/de/documents/publications/studies/aktuelle-fakten-zur-photovoltaik-in-deutschland.pdf

[38] https://www.energieagentur.nrw/mediathek/Praesentation/klimabilanz_photovoltaik_wie_gross_ist_der_co2-fussabdruck_von_solarstrom

[39] https://www.wegatech.de/ratgeber/photovoltaik/grundlagen/co2-bilanz-photovoltaik/

[40] https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/klima-ist-oekostrom-wirklich-emissionsfrei-a-1287064.html

[41] https://bd-energy.com/wp-content/uploads/Downloads_interner_Bereich/Kriterienkatalog_1.1_RenewablePLUS.pdf

[42] https://bd-energy.com/klimaneutral/oekoplus/

[43] https://de.wikipedia.org/wiki/Pariser_Klimaschutzabkommen#Ziele_des_%C3%9Cbereinkommens

[44] https://urgewald.org/medien/uniper-will-niederlaendischen-staat-entschaedigung-fuer-kohleausstieg-erklagen

[45] https://www.greenpeace.de/themen/umwelt-gesellschaft/wirtschaft/vattenfall-will-sich-grunwaschen

[46] https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&bes_id=22784

[47] Laut Hochschulleitung der Hochschule Rhein-Waal auf Anfrage des zugehörigen AStA.

[48] wupperinst.org/fa/redaktion/downloads/projects/FS_NHS_NRW_FM_B3_Handlungsansaetze.pdf, S. 6

[49] Dies schließt die (aktuell vier) studentischen Stellen im Nachhaltigkeitsreferat des AStA aus.

[50] Das Umweltdezernat hat unseres Wissens nach zwar Anfang der 2000er umfangreichere Aufgaben im Bereich Nachhaltigkeit und Stromeinsparungen wahrgenommen, kann diese mangels Personal jedoch nicht länger wahrnehmen [vgl. dez5.uni-wuppertal.de/de/wir-ueber-uns/abteilung-54.html].

[51] Ähnlich zu [5] ergibt sich für den direkten Emissions-Ausstoß:

23 GWh/y * (147 + 50,83) g/kWh = 4.550 t/y

[52] Durchschnittlich ist der CO2-Ausstoß deutschlandweit um den Faktor 2,15 [7] größer als beim Stromanbieter der BUW 2019, sodass von einem Erwartungswert von 2,15 * 4.550 t/y * 2y = 19.565 t für die Jahre 2022 + 2023 zusammen ausgegangen wird. Dieser Wert kann jedoch leicht doppelt so groß werden, wenn der Stromanbieter hauptsächlich Kohlestrom liefert [vgl. 9].

[53] Gespräch am 10.5.2021 mit Lukas Vaupel, Mitarbeiter des bundesweit aktiven netzwerk n e.V. und Koordinator des NRW-Studierendennetzwerks für Nachhaltigkeit an Hochschulen. Er begleitet mit dem netzwerk n e.V. Studierende und Hochschulen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz.

[54] https://portal.uni-koeln.de/universitaet/aktuell/presseinformationen/detail/universitaet-zu-koeln-steigt-auf-oekostrom-um-und-wird-ihren-co2-fussabdruck-ermitteln

[55] „Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und die Universität Duisburg-Essen beziehen laut eigenen Angaben Strom aus erneuerbaren Quellen. Die Technische-Universität Dortmund, die Ruhr-Universität Bochum und die Universität Konstanz sind ihre eigenen Stromproduzenten.“ [blickfeld-wuppertal.de/oncampus/gruen-oder-grau-wie-wird-die-bergische-universitaet-in-zukunft-mit-strom-versorgt] [56] Der Senatsbeschluss umfasst insbesondere:

Die Studierenden der Bergischen Universität Wuppertal, unterstützt durch den AStA, beteiligen sich an der bundesweiten Initiative „Students for Future“. Der Senat der Universität begrüßt dieses Engagement seiner Studierenden und hat dazu die folgenden drei Punkte einstimmig beschlossen:

  1. Auf Basis des aktuellen Forschungsstandes schließt sich der Senat der Bergischen Universität den Forderungen zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens einschließlich des „1,5-Grad-Ziels“ an und unterstützt einen schnellen Umstieg auf erneuerbare Energien sowie den Kohleausstieg bis 2030.
  2. Der Senat begrüßt es, wenn sich Angehörige der Universität an der von den Studierenden organisierten „Public Climate School“ beteiligen, beispielsweise indem sie sich während der Aktionswoche vom 25. bis 29.11.2019 im Rahmen von Lehrveranstaltungen oder öffentlichen Veranstaltungen mit dem Themenfeld Klimaschutz und Nachhaltigkeit im gesellschaftlichen und universitären Kontext auseinandersetzen.
  3. In Anerkennung der Klimakrise empfiehlt der Senat den jeweiligen Verantwortlichen, bei allen künftigen Entscheidungen die Verminderung von Treibhausgasemissionen zu berücksichtigen. Dies betrifft insbesondere die Bereiche Mobilität, Ernährung, Bauen, Energie, Divestment, Einkauf und Forschung. Zur Konkretisierung möglicher Maßnahmen wird auf Einladung des Kanzlers der Bergischen Universität ein entsprechender Arbeitskreis gebildet.