Stellungnahme zum Referentenentwurf

An
Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen
c/o Herr Dr. Barmorski/Herr Joachim Goebel
40190 Düsseldorf

Wuppertal, den 04.07.2018

Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulgesetzes, Aktenzeichen 231

Sehr geehrter Herr Bramorski, sehr geehrter Herr Goebel,

der Allgemeine Studierendenausschuss der Bergischen Universität Wuppertal (AStA der BUW) bedankt sich für die Zusendung des Referentenentwurfs, den er mit großem Interesse zur Kenntnis genommen hat. Wir begrüßen, dass die Landesregierung Verbesserungen an der aktuellen Gesetzeslage vornehmen möchte, sehen jedoch seine Ziele durch den vorgelegten Entwurf nicht erfüllt.

Der AStA der Bergischen Universität Wuppertal erinnert daran, dass zum Erreichen des Ziels größerer Autonomie der Hochschulen auch eine Stärkung der demokratisch legitimierten Gremien vor Ort gehören müsste. Dies sehen wir im Entwurf in keiner Weise verwirklicht. Auch der weitestgehende Rückzug des Landes aus der strategischen Entwicklung der Hochschullandschaft NRWs ist nicht nachvollziehbar. Zudem sehen wir die Zurücknahme von Instrumenten wie des Rahmenkodex Gute Beschäftigungsbedingungen (§34) und der Vertretung der Belange studentischer Hilfskräfte (§46a) angesichts andauernd schlechter Arbeitsbedingungen an den Hochschulen als den falschen Weg an. Das angestrebte Verhältnis von Hochschulen und Land ohne jegliche Steuerungsmöglichkeiten wie des Landeshochschulentwicklungsplans (§6) stellt eine Verschlechterung für die Hochschullandschaft in NRW dar und erschwert Fortschritte bei der Koordinierung von Hochschulen, die auch der Lehre zu Gute kommen könnte. Wir schließen uns der Stellungnahme des Landes-Asten-Treffens NRW (LAT) an, möchten jedoch folgende Punkte in Bezug auf den Wuppertaler Hochschulstandort besonders betonen:

Manipulation von Gremienwahlen

An der BUW kam es in den letzten Jahren mehrfach zu Manipulationen bei Wahlen zum Studierendenparlament (StuPa), die zu einer Wahlwiederholung führten und mit hohen Kosten sowie massivem Vertrauensverlust in die Gremien einherging. Im Januar 2017 wurde Anzeige bei der zuständigen Polizei erstattet, jedoch keine Ermittlungen aufgenommen, da die Staatsanwaltschaft keine Rechtsgrundlage für Ermittlungen sah. Dem MKW sind diese Informationen bereits gesondert zugegangen. Wir möchten darauf hinweisen, dass Wahlen zu den Hochschulgremien gesetzlich vorgeschrieben sind und daher auch den Schutz des Staates erhalten sollten. Eine angemessene Sanktionsregelung sollte daher im neuen Hochschulgesetz verankert werden.

Verbot von Anwesenheitspflichten (§64 (2a))

Anwesenheitspflichten tragen noch nicht per se zu einer besseren Lehre bei. Zudem schränkt sie die Freiheit der Studierenden über Gebühr ein. Für den Wuppertaler Standort würden vermehrte Anwesenheitspflichten zu einer gravierenden Verschlechterung der Studierbarkeit für die über 75% der Studierenden führen, die ihr Studium durch Nebentätigkeiten in nicht unerheblichen Umfang finanzieren müssen. Die aktuelle Gesetzeslage spiegelt die Bedürfnisse besonderer Lehrformate (Exkursionen, Praktika, praktische Übungen) angemessen wieder und sollte deshalb dringend beibehalten werden.

Studienverlaufsvereinbarungen(§58a)

Der AStA stimmt dem Ziel zu, mehr Beratungsmöglichkeiten für Studierende zu schaffen. Zusätzliche Zwangsmaßnahmen lehnen wir als Einschränkung der individuellen Freiheit jedoch ab und sehen die Gefahr einer fortschreitenden Entmündigung von Studierenden. An der BUW studiert die große Mehrheit länger, als es die „Regelstudienzeit“ vorsieht. Auch aus Praktikabilitätsgründen ist die vorgeschlagenen Regelung weder umsetzbar noch zielführend.

Friedensklausel (§3(6))

Die Friedensklausel an der BUW ist ein wichtiger Bestandteil des Selbstverständnisses unser Universität und sichert einen Grundkonsens unter Forschenden, Lehrenden und Lernenden, welchen Werten die Wissenschaft an der Universität Wuppertal verpflichtet ist. Es ist nicht nachvollziehbar, warum ein praktikables Instrument, dass die Hochschulen in ihrer friedlichen Ausrichtung landesweit unterstützt, abgeschafft werden soll.

Online-Self-Assessments (§48 (9))

Verpflichtende Online-Self-Assessments vor der Einschreibung lehnen wir ab. Die Validität solcher Tests ist schwach und führt bei den Betroffenen zu Verunsicherung und Frustration. Anstatt Anreize zu schaffen, an seinen persönlichen Schwächen zu arbeiten, droht es gerade bei Studieninteressierten aus weniger unterstützenden sozialen Kontexten zu einer Abnahme der Studienaufnahme zu führen und damit die soziale Selektion indirekt weiter zu befördern. Die Bergische Universität benötigt mehr Mittel für die Unterstützung in der Studieneingangsphase, und keine Instrumente zur Abschreckung von Studieninteressierten.

Vertretung der Belange studentischer Hilfskräfte (§46a)

Positiv haben wir aufgenommen, dass die SHK-Vertretung erhalten bleiben soll. Diese darf jedoch nicht nur als Optionsmodell erhalten bleiben, sondern als verpflichtende Vertretung der Belange studentischer Hilfskräfte. SHKs bilden die ohnehin am schwächsten vertretene Gruppe an der Universität und bedürfen daher klarer gesetzlicher Unterstützung. Es ist nicht nachvollziehbar, warum gemäß des Entwurfs die Gruppe der Arbeitgeber (Professoren) im Senat mit darüber entscheiden soll, ob ihre Hilfskräfte eine Vertretung erhalten oder nicht. Über den bestehenden Vorschlag hinaus regen wir eine Integration der Vertretung studentischer Hilfskräfte in die „reguläre“ Personalvertretung der Hochschulen an.

Rahmenkodex gute Beschäftigungsbedingungen(§34a)

Die Arbeitsbedingungen an den Hochschulen gerade für den wissenschaftlichen Nachwuchs sind schlecht. Die Schaffung eines Rahmenkodexes für gute Beschäftigungsbedingungen hat dazu geführt, dass Mindeststandards gesetzt werden konnten, was unter dem zuvor geltenden Hochschulfreiheitsgesetz nicht der Fall war. Warum eine Rückkehr zur damaligen Regelung einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen herbeiführen soll, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Der AStA der BUW plädiert für eine Weiterentwicklung des Instruments, um den beschäftigungspolitischen Herausforderungen an den Hochschulen gerecht zu werden.

Viertelparität(§22)

Die Viertelparität ist Voraussetzung für einen Dialog auf Augenhöhe, wie er an der Bergischen Universität funktioniert. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die gesetzliche Stütze gelebter Hochschuldemokratie abgeschafft werden soll.

Studienbeiräte(§28(8))

Studienbeiräte sind im Rahmen autonomerer Hochschulen ein wichtiges Instrument, um die angemessene Einbindung von Studierenden sicherzustellen. Ihre Einrichtung sollte daher weiterhin verpflichtend sein.

Hochschulrat(§21)

Der Hochschulrat wird zwar weiterhin als beratendes Gremium beschrieben, doch gleichzeitig wird seine Rolle im aktuellen Referentenentwurf über Gebühr gestärkt. So bedarf der H ochschulentwicklungsplan nun der Zustimmung des Hochschulrats. Damit befindet sich der Hochschulrat in unseren Augen irgendwo zwischen einem beratenden Gremium und einem Aufsichtsrat. Dies ist für eine klare Gremienstruktur innerhalb der Hochschule kontraproduktiv und sollte überdacht werden.

Besonders positiv hervorheben möchten wir, dass Onlinewahlen im vorliegenden Referentenentwurf ausdrücklich genehmigt werden und die Bauherreneigenschaft auf die Hochschulen übertragen werden kann.

Für Rückfragen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Ronan Stäudle
Für den AStA.

Herr RR Dr. Bramorski

Herr Joachim Goebel